Der Automobilmarkt steht still (Stand April 2020). Die Produktion ruht weitestgehend, die meisten Zulassungsstellen sind aktuell geschlossen. Eine beispiellose Situation, in der sich die Automobilbranche momentan befindet. 462.576 Gebrauchtwagen wechselten laut KBA im März 2020 den Besitzer, das sind 18,1% weniger als im Februar und 25,8% weniger als im März 2019. Normalerweise ist der März der Monat, in dem der Automarkt an Fahrt aufnimmt. Durch die Corona-Pandemie kommt er im ersten Quartal auf 1.660.735 Einheiten. Auch das sind deutlich weniger als im Vergleichszeitraum 2019 (-6,8%).
Kann man in solchen Zeiten zuverlässige und seriöse Prognosen für den Gebrauchtwagenmarkt wagen? Eher nicht. Verschiedene Szenarien sind denkbar, verlässlich ist zum aktuellen Zeitpunkt keine. Auf der einen Seite ist der Mobilitätsbedarf temporär heruntergegangen, andererseits scheint sich bei denen, die mobil sein müssen, ihre Mobilität von öffentlichen Verkehrsmitteln auf den (eigenen) Pkw zu verlagern. Wird Carsharing unter Hygienegesichtspunkten weiterhin eine Rolle für den Endverbraucher spielen? Hat die Krise Einfluss auf das Kaufverhalten? Diese und weitere Fragen haben Einfluss auf das Wertverhalten der Neu- und Gebrauchtwagen: Im Pkw-Bestand gibt es ein hohes Volumen an klassischen Segmenten wie Kompakt- und Kleinwagen. Sollte die Kaufkraft sinken, könnten Menschen eher diese Pkw statt höherpreisige SUV kaufen. Aufgrund der möglicherweise angespannteren finanziellen Situation der Endverbraucher könnten auch günstigere und damit oft ältere Fahrzeuge stärker in den Fokus rücken als beispielsweise Jahreswagen oder Werksdienstwagen. Werden somit Gebrauchtwagen häufiger als Alternative zum Neuwagen gesehen? Sind alle Hersteller gleichermaßen betroffen? Hier stellt sich die Frage, wie sich die Hersteller nach einem Wiederhochfahren des Marktes positionieren (z.B. über Incentives). Was passiert mit den oftmals doch noch hochpreisigen Leasingrückläufern, die in hohen Volumen am Markt sind? Diese sind in der Regel nach drei Jahren mit gut der Hälfte des ehemaligen Listenneupreises auch als Gebrauchte bisher sehr gefragt gewesen. Sie stellen aber im Anschaffungspreis für den Gebrauchtwagenkäufer immer noch eine hohe Investition dar.
In die Kategorie der jüngeren Fahrzeuge fallen die Vermietrückläufer. Aktuell ist kaum Bedarf an Vermietfahrzeugen. Daher de-fleeten die Autovermieter ihre Fahrzeuge früher als sonst. Was passiert mit diesen? Wie sieht es in den Bereichen der leichten Nutzfahrzeuge bei gesteigerten Lieferservices aus? Da scheint eine rege Bewegung vorzuherrschen.
Gibt es kurzfristige Trends – z.B. Einbruch der E-Mobilität und alternative Antriebe? Diese sind meist teurer. Was passiert mit den CO2-Grenzwerten? Werden diese für 2020 ausgesetzt, um die Wirtschaft schneller anzukurbeln?
Den oben genannten Fragen und vielen weiteren gehen wir aktuell schon nach. Auch wenn die finalen Erkenntnisse noch einige Zeit auf sich warten lassen, geben erste Indikatoren schon einen Ausblick auf die intensive und herausfordernde Zeit, die wir alle noch vor uns haben.